Linke-Stadträte kritisieren verworrene Bürgerbefragung

„Es kann nicht angehen, dass ein so wichtiges Thema, wie der Verkehr nun an ein Kultur- und Kongresszentrum (RKK) geknüpft wird. Der Verkehr, der Zigtausend Menschen täglich betrifft, weil sie z. B. in die Arbeit müssen oder weil sie unter den Folgen, nämlich dem Lärm und den Abgasen des viel zu hohen Anteils des Auto- und Lastwagenverkehrs leiden, hat mit dem RKK nichts zu tun. Fest steht dagegen allerdings, dass Mobilität und der öffentliche Nahverkehr eine ungleich höhere Priorität haben und haben müssen, da es hier um die Lebenszeit und die Gesundheit so vieler Menschen geht. Zweimal täglich pendeln z. B. ca. 100.000 Menschen zwischen Regensburg und Umland. Deshalb brauchen wir in Zukunft einen deutlich effizienteren und ökologischeren Verkehr. Dazu gehört eine zentrale Mobilitätsdrehscheibe am Bahnhof und ein schienengebundener Personennahverkehr auf zwei Linien, unabhängig von einem Kongresszentrum. Mit der vorliegenden Bürgerbefragung und der Verbindung von Verkehr und RKK werden nicht nur zwei völlig verschiedene Dinge verknüpft, die nicht voneinander abhängen, sondern es wird auch so getan, als wären diese gleichrangig in ihrer Priorität und Wirkung für die Menschen der Stadt. Auf diese Weise werden die Bürgerinnen und Bürger an der Nase herumgeführt“, so Richard Spieß, Fraktionsvorsitzender der Linken im Stadtrat.

Zudem werde fälschlicherweise suggeriert, beides könnte jetzt verwirklicht werden. Es sei aber klar, dass für zwei so kostspielige Vorhaben wie den ZOB und eine Stadtbahn als auch ein RKK nicht gleichermaßen finanzielle wie zeitliche Ressourcen der Verwaltung für viele Jahre zur Verfügung stehen könnten. Schon jetzt stöhne die Verwaltung regelmäßig unter der Last des steigenden Investitionsprogramms, und viele Dinge müssten Jahr für Jahr verschoben werden, weil die Ressourcen fehlten.

Mit dieser Befragung werde weder die Dringlichkeit eines leistungsstarken und zukunftsfähigen Verkehrs noch die ökologische Dimension erkannt. „Die steigenden CO2-Emissionen im Verkehr und das Verfehlen der Pariser Klimaziele brauchen einen ganz anderen Einsatz der Stadtpolitik. Insbesondere wegen des zum Veranstaltungszentrum umgebauten Schlachthofs, der ab 2018 zur Verfügung stehen wird, ist ein Kultur- und Kongresszentrum dagegen noch weniger dringlich.“

Des Weiteren sei es illusorisch, davon auszugehen, dass Kongresse der verschiedenen Fachbereiche der Universität in Zukunft in einem möglichen RKK stattfinden würden, wo hohe Mieten zu zahlen wären, während die Räumlichkeiten an der Universität kostenlos zur Verfügung stünden.

Gleichwohl befürworten die Linke-Stadträte Freihoffer und Spieß eine Stadtreparatur am Stadteingang zwischen Bahnhof und Altstadt. Dies solle zunächst einmal vor allem durch eine Reduzierung des Autoverkehrs rund um den Bahnhof durch einen leistungsfähigen ÖPNV und einem ZOB geschehen. Dadurch werde die chaotische Situation vor dem Bahnhof beruhigt und öffentlicher Raum wiedergewonnen.

„So zu tun, als könne eine Stadtreparatur nur mit dem Bau eines Kongresszentrums erfolgen, ist unredlich. Ein teures Kongresszentrum, das für viele Jahre erhebliche Zuschüsse beansprucht und eine kostspielige Form der Wirtschaftsförderung darstellt, ist in keinem Fall nötig, um eine Neugestaltung am Keplerareal zu realisieren. Zudem sind die finanziellen Ressourcen sicherlich besser im Wohnungsbau und beim ÖPNV aufgehoben.“

Statt eines RKKs, das vor allem großen Firmen und für hochpreisige Konzerte zur Verfügung steht, könnte hier zudem ein Haus für Künstler*innen und Vereine entstehen, ein Treffpunkt für die Bürgerschaft, wie es in Frankreich häufig zu finden sei (maison du citoyen oder maison de la citoyenneté). Dies sei ausdrücklich von den Bürgerinnen und Bürgern beim Beteiligungsprozess im Frühjahr dieses Jahres befürwortet worden.